Judentum, Juden

Bezeichnung für die Religion des Volkes Israel sowie für die Gesamtheit derer, die ihr als ethnische und religiöse Gemeinschaft angehören.

Grundlehren:
Der jüdische Glaube ist die älteste monotheistische Religion und Mutterreligion von Christentum und Islam. Religiöse Autorität beanspruchen allein die Thora und die Halacha. Dogmen kennt das Judentum nicht; jedoch können bestimmte Kriterien der Rechtgläubigkeit angegeben werden: das Bekenntnis zu Jahwe, die Anerkennung der Thora und die thoragemäße Verwirklichung des Gotteswillens (Orthopraxie). Die religiöse jüdische Tradition erhebt den Anspruch, dass der einzige wahre Gott und Schöpfer der Welt (Jahwe), der sich in der Bibel geoffenbart hat, in Abraham das Volk Israel dazu erwählt hat, den Glauben an den einen Gott in der Welt zu bekennen. Zeichen dieses Abraham-Bundes ist die Beschneidung. Die Offenbarung des Gotteswillens durch Moses am Berg Horeb/Sinai in der Thora verpflichtete als konstitutiver Erwählungsakt das (Gottes)volk kollektiv zu religiöser und sozialer Solidarität. Um diesen Erwählungs- und Sendungsauftrag zu erfüllen, muss der Offenbarungsinhalt rein bewahrt werden. Die deshalb nötige und für das Judentum schicksalhafte Abgrenzung wird durch zahlreiche Vorschriften und Bräuche (vor allem Speisevorschriften, Beschneidung, Sabbatfeier) garantiert. Im Zentrum der Religiosität steht also weniger das persönliche Heil des Einzelnen als die Erfüllung des kollektiven Erwählungsauftrags bzw. die Verwirklichung der Gottesherrschaft.

Religiöses Leben:
Nach rabbinischer Tradition ist Jude, wer von einer jüdischen Mutter abstammt oder nach orthodoxer Norm (rite) zur jüdischen Religion übergetreten ist. Ort gottesdienstlichen Handelns sind häuslicher Kreis und die Synagoge. Im Mittelpunkt des synagogalen Gottesdienstes steht die Lesung der Thora im jährlichen Zyklus, die durch eine Prophetenlesung ergänzt wird. Der Gottesdienst wird durch den Vorbeter (Chazzan) geleitet. Kernstücke des häuslichen wie synagogalen Gottesdienstes sind die Stammgebete (Schema Israel, Schemone Esre), ferner Benediktionen, Psalmen und Schriftlesung, die zusammen mit zahlreichen rituellen Einzelpraktiken dem gesamten Tagesablauf religiös-rituellen Charakter verleihen. – Eine gesamtjüdische bzw. überregionale autoritative Institution gab es nur zeitweilig, so in der Antike den palästinensischen Sanhedrin (Synedrium) und in der talmudischen-gaonäischen Zeit (70 bis Ende des 11. Jh.) die babylonischen Talmudschulen. Im Übrigen war bis zur Gründung größerer Gemeindeverbände im 19./20. Jh. die jüdische Ortsgemeinde weitgehend autonom und der einzelne Gesetzesgelehrte (Rabbiner) die eigentliche religionsgesetzliche Autorität.

Geschichte des Judentums:
Frühzeit Israels: Die Frühgeschichte Israels ist nur begrenzt rekonstruierbar. Außerbiblische Quellen sind spärlich, die biblischen Texte (im AT) enthalten eher Geschichtsdeutung als zeitgenössisches Material. – Nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil setzten die Heimkehrer ihre Auffassung von Religion gegen die nicht deportierte und zum Teil mit Fremden vermischte Landesbevölkerung durch (diese gründete die Religionsgemeinschaft der Samaritaner) und orientierten sich streng an der Thora. Für einige Zeit erlangte Juda unter Führung der Makkabäer (Hasmonäer) auch politische Souveränität (141 v. Chr.). Nach schweren inneren Kämpfen büßte die Makkabäerdynastie ihre politische Macht ein. Pompejus eroberte 63 v. Chr. Jerusalem, und nach einer Übergangsphase etablierte sich Herodes I., d. Gr., als römischer Vasallenkönig (37–4 v. Chr.). Der Kampf der Zeloten gegen die römische Herrschaft führte 66 n. Chr. zum 1. jüdischen Krieg, den die Römer erst 70 mit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels entscheiden konnten.

Talmudische Zeit (70 bis etwa 640): Nach der Niederlage von 70 organisierte sich das palästinensische Judentum neu. 132–135 kam es unter Bar Kochba noch einmal zu einer vergeblichen Erhebung gegen Rom. Doch wurde dem Judentum eine Selbstverwaltung eingeräumt, bestehend aus dem Synedrium unter Vorsitz des Nasi (Patriarch), des jüdischen Oberhauptes im Römischen Reich. Um 200 entstand die Mischna. Die auf ihr aufbauende religionsgesetzliche Tradition fand im 5. und 6. Jh. im Talmud ihren schriftlichen Niederschlag. Mit seinen großen Talmudschulen übernahm vom späten 3. Jh. an das babylonische Judentum für einige Jahrhundert die Führungsrolle.

Mittelalter und frühe Neuzeit: Durch engen Kontakt zur islamischen Umwelt entstand ab dem 7. Jh. eine an der antiken Philosophie orientierte jüdische Theologie und Philosophie, eine hebräische Sprach-Wissenschaft und Poetik. Das jüdische Recht wurde besonders im 7. und 8. Jh. in Babylonien, im übrigen arabischen Raum (mit Ausstrahlungen nach Frankreich und Italien) vor allem im 11. bis 13. Jh. durch Talmudkommentare und Kompendien systematisiert. – In Spanien wurden die Juden nach dem Ende der Reconquista 1492 zur Auswanderung gezwungen (Osmanisches Reich, Maghreb) oder zwangsgetauft, in Frankreich wurden sie 1394 endgültig des Landes verwiesen. Blutige Verfolgungen hatte es in Europa zuvor anlässlich der Kreuzzüge (ab 1096) und der Pest (ab 1348/49) gegeben. Vielfach wurden Judenordnungen erlassen, die die persönliche Bewegungsfreiheit einschränkten und Sondersteuern, Kennzeichnung durch Abzeichen und in Städten vom 16. Jh. an das Wohnen in gesonderten Straßen (Ghettos) vorschrieben. In West-Europa lebten die Juden überwiegend vom Waren- und Geldhandel, in Ost-Europa standen ihnen auch handwerkliche Berufe offen. Seit dem 13. Jh. entwickelte sich der Gedanke der Kammerknechtschaft der Juden, deren Ansiedlung zum verkäuflichen Hoheitsrecht des Königs wurde (Schutzbrief). – Dem auch im Judentum aufkommenden Rationalismus versuchten die Kabbala und später der osteuropäische Chassidismus zu begegnen.

18.–20. Jahrhundert: Die Erschütterung durch den Sabbatianismus bereitete im Judentum Mittel- und West-Europas den Boden für die Aufklärung, deren Ziele (Regeneration der hebrischen Sprache und Literatur, gegenwartsbezogene Erziehung, Assimilation) jedoch nicht ohne innerjüdischen Widerstand blieben. Die bürgerliche Gleichstellung der Juden wurde Ende des 18. Jh. in den USA, Frankreich und den Niederlanden erreicht. Die deutschen Staaten verfolgten eine Erziehungspolitik (Berufsumschichtung, schrittweise Assimilation), die erst in den 1860er-Jahren zur endgültigen rechtlichen Gleichstellung führte. Nach 1881 vollzog sich nach mehrfachen blutigen Pogromen und auf dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise eine Massenauswanderung osteuropäischer Juden nach Amerika, West-Europa und Australien. In Ost-Europa sahen sich die Juden mehrheitlich als nationale Minderheit (Bundisten, Zionisten), als Orthodoxe (Chassidismus, Mussar-Bewegung) oder als Staatsbürger mosaischer Herkunft. – Mitte des 19. Jh. entstand mit dem rassistischen Antisemitismus eine neue Qualität der Feindschaft gegen die nun als Rasse definierten Juden, denen man keine Möglichkeit zur Assimilation in die christliche geprägte Mehrheitsgesellschaft einräumte. In dieser Tradition stehend, verfolgte das national-sozialistische Schreckensregime die Juden als rassisch minderwertig und staatsfeindlich: Nach 1933 wurden die Juden aus dem Beamtentum entfernt, die Nürnberger Gesetze legalisierten 1935 die Diffamierung (Judengesetze), in der Reichspogromnacht wurden 1938 fast alle Synagogen in Brand gesteckt, 1941 wurde den nunmehr aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichem Leben ausgeschalteten Juden das Tragen des Judensterns befohlen; nach 1940 wurden zwei Drittel der europäischen Juden (etwa 6 Mio. Menschen) von den Nationalsozialisten und ihren Kollaborateuren im Rahmen der Endlösung auf bestialische Weise ermordet. – Die seit Ende des 19. Jh. gehegten Autonomiehoffnungen nach einer gesicherten Heimstätte in Palästina (Zionismus) verwirklichten sich 1948 mit der Gründung des Staates Israel.


Christentum, Christen

Bezeichnung für die Gesamtheit der Anhänger des in Lehre, Ethik und Weltdeutung auf Jesus Christus zurückgehenden christlichen Glaubens sowie für diesen Glauben (Religion) selbst. Die Anhänger des Christentums sind in zahlreichen und unterschiedlichen Gemeinschaften und Organisationen zusammengeschlossen. Die größten organisierten christlichen Gemeinschaften sind die katholische Kirche, die aus der Reformation hervorgegangenen protestantischen Kirchen und die orthodoxen Kirchen (orientalische Kirchen). Die Zahl der Anhänger des Christentums wird auf etwa 1,9 Mrd. geschätzt. Fast 60 % sind katholisch, beinahe 20 % gehören den evangelischen Kirchen an, die restlichen sind den anglikanischen, den orthodoxen oder unabhängigen Kirchen zuzurechnen.

Wesen und Lehre:
Selbstverständnis des Christentums und seine religionswissenschaftliche Einordnung stimmen darin überein, dass es nach seinem Wesen Offenbarungs- und Erlösungsreligion ist. In Jesus Christus sieht das Christentum die abschließende Offenbarung Gottes, den Anbruch einer neuen Welt und den Hoffnungsträger und Heilsmittler für alle Menschen durch Erlösung von der Sünde und den Zugang zum wahren ewigen Leben. Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Christen ist die Taufe, Ausdruck der christlichen Haltung die Nächstenliebe. – Der katholischen Auffassung der Einheit von Glauben und Tradition steht die protestantische Betonung allein des Glaubens gegenüber, der sich nur auf das Zeugnis der Bibel berufen könne. Die Sakramente verleihen nach katholischem Verständnis dem Gläubigen die göttliche Gnade. Die Protestanten berufen sich auch hier auf das Wort und verstehen die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl als sichtbares Wort. Bei den täuferischen und anderen nebenreformatorischen Gruppen treten die Sakramente überhaupt in den Hintergrund. – Die katholische und orthodoxe, aber auch die anglikanische Kirche kennen kein Christentum außerhalb der gestifteten Kirche und ihrer Leitung durch das bischöfliche Amt (apostolische Nachfolge). Alle evangelischen Kirchen verstehen sich demgegenüber als Versammlungen; verschiedene Amtsauffassungen sind möglich (Kirchenverfassung). – Andere Unterschiede betreffen das Verständnis der menschlichen Natur und der Möglichkeit, die Macht der Sünde aus eigener Kraft zu überwinden (Gnade, Prädestination) und sind der Grund einer unterschiedlichen Ausformung christlicher Gesinnung in individuellem Leben und umfassender Kultur, insgesamt aber doch einer umfassenden Sinngebung des menschlchen Daseins. Askese und Weltoffenheit, kontemplatives (Mönchtum, Mystik) und aktives Christentum (christlich-soziale Bewegung, social gospel), die historische oder die innerseelische Wahrheit betonender Glaube – diese Alternativen haben in ihrer polaren Spannung die Geschichte des Christentums wesentlich bestimmt.

Geschichte:
Entstehung: Das aus dem Judentum hervorgegangene Christentum steht geistesgeschichtlich in Verbindung mit der Christuslehre jüdisch-eschatologischer Herkunft, (meist) orientalische Mysterien- und Erlösungskulten (Gnosis), von denen es sich abgrenzte, sowie der spätgriechen Philosophie und Kultur, der es ein neues Menschenbild entgegensetzte. Es entstand zunächst in Jerusalem (Judenchristen) und breitete sich nach teilweiser Vertreibung aus Jerusalem durch Mission (besobders Paulus) über Palästina bis nach Kleinasien auf hellenistischen Boden aus, wo es auch Heiden (Heidenchristen) aufnahm.

Die Zeit des Römischen Reiches: Im Römischen Reich galt die christliche Gemeinde zunächst als eine jüdische Sekte, der jedoch bald wegen der Weigerung, den Kaiserkult zu vollziehen, die religiösen und rechtlichen Privilegien entzogen wurden; es kam zu den Christenverfolgungen. Durch das Toleranzedikt von Mailand von 313 wurde das Christentum schließlich zur allein berechtigten Religion im Reich, wodurch eine vom Reich abhängige Reichskirche entstand. Diese Entwicklung wurde endgültig besiegelt, als der oströmische Kaiser Theodosius I. 380 die christliche Kirche zur Staatskirche erklärte.

Mittelalter: Nach dem Übergang des christlichen Glaubens auf die germanischen, romanischen und slawischen Völker entwickelten sich die Auffassungen in West und Ost vor allem hinsichtlich der Oberhoheit des römischen Bischofs (des Papstes) so unterschiedlich, dass es 1054 zur bis heute bestehenden Spaltung der Kirche kam (morgenländisches Schisma). Seit dem Mittelalter prägte das Christentum die europäische Kultur entscheidend; Welt, Mensch und Gesellschaft wurden zunächst sakral gedeutet. Die mittelalterliche Gesellschaft bildete – unter dem Einfluss germanischen Denkens – ein rigides Feudalsystem aus, das mit dem Zusammenwachsen zu einer universalen abendländischen Kultur in einem universalen Kaiser- und Papsttum gipfelte, deren Machtbereiche nach dem Investiturstreit geschieden wurden. Hiermit war der Grund gelegt für den Zerfall der universalen christlichen Kultur im späten Mittelalter: Nationalstaaten begannen eigene Interessen zu verfolgen, die Wissenschaften lösten sich vom Primat der Theologie, Reformbewegungen des christlichen Lebens trat die Kirche mit Zulassung (etwa der Bettelorden) oder Verfolgung durch die Inquisition entgegen.

Neuzeit: Durch die Kritik der Reformatoren (vor allem Luther, Zwingli, Calvin) kam es im Verlauf der Reformation zur grundlegenden Umbildung der gesamten westlichen Kirche, die protestantischen bzw. evangelischen Kirchen entstanden. In England kam es nach der Verwerfung der obersten Leitungsgewalt des Papstes zur Entstehung der anglikanischen Kirche. Die Reformation löste die Gegenreformation und die katholische Erneuerung aus, in deren Mittelpunkt das Konzil von Trient (1545–63; Tridentinum) stand. Im Anschluss und im Zusammenhang mit der politischen Expansion der europäischen Mächte (Kolonialismus und Imperialismus) kam es sowohl zur religiösen Legitimation des Kolonialismus wie auch zum erheblichen Widerstand der Missionen gegen kolonialistische Unterdrückung und Ausbeutung. Die in diesem Zusammenhang notwendige Auseinandersetzung mit fremden Religionen und jeweils anderen christlichen Konfessionen führte zur Besinnung auf das Gemeinsame unter den christllichen Konfessionen und schließlich (Ende des 19./Anfang des 20. Jh.) zur ökumenischen Bewegung.


Islam, Muslime

[arab. völlige Ergebung (in Gottes Willen)], die jüngste der drei Weltreligionen, gestiftet von Mohammed. Die Anhänger des Islam, weltweit etwa 1 Mrd. Menschen, nennen sich Muslime. Der Islam ist heute die vorherrschende Religion im Vorderen Orient, Nord-Afrika, Pakistan, Irak, Iran und Indonesien. Starke muslimische Gemeinschaften leben in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Zentralasien, Indien, China, auf den Philippinen und in vielen Ländern Afrikas. In fast allen Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung ist der Islam Staatsreligion.

Grundlehren:
Grundlegend für den im Koran, der heiligen Schrift des Islam, niedergelegten Glauben ist die Überzeugung, dass es nur einen Gott gibt; dieser strenge Monotheismus verbietet die Zugesellung anderer Götter zu Allah. Gott ist der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, er ist allmächtig, allwissend und barmherzig; am Jüngsten Tag richtet er die Menschen: Ungläubigen droht das Höllenfeuer, den Gläubigen winkt das schattige Paradies. Im Laufe der Geschichte hat Gott zu den Völkern immer wieder Propheten (Abraham, Moses, Jesus Christus) gesandt, der Bestätiger aller früheren Offenbarungen und der Überbringer der letztgültigen, fortan für alle Menschen verbindlichen Offenbarung aber ist Mohammed, das Siegel der Propheten.

Der Islam ist wesentlich Gesetzesreligion. Auf der Grundlage des Korans und des im Hadith überlieferten exemplarischen Handelns des Propheten (Sunna) entwarfen die islamischen Rechtsgelehrten eine umfassende Lehre gottgewollten Verhaltens (Scharia), die außer Rechtsnormen auch Kultvorschriften, ethische Normen und Verhaltensregeln umfasst. Dem Gläubigen sind fünf Hauptpflichten (Säulen des Islam) vorgeschrieben: Schahada (das Glaubensbekenntnis Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist der Gesandte Gottes), Salat (das fünfmal täglich stattfindende Gebet), Zakat (Almosengeben), Saum (das Fasten während des Monats Ramadan) und die Hadjdj, die Pilgerfahrt nach Mekka, die einmal im Leben ausgeführt werden soll. Wein, Schweinefleisch und Glücksspiel sind im Islam verboten. Der Koran beschränkt die Polygamie auf vier Ehefrauen. Die islamische Glaubensgemeinschaft ist zum Glaubenskrieg (Djihad) verpflichtet. Der Islam kennt weder einen besonderen Priesterstand noch Kult noch oberste Autorität, da die Regelungen des Koran und der Scharia gelten; die wichtigste Gruppe von Repräsentanten der Religion sind die Gelehrten (Ulema). Als zentrales Heiligtum gilt der Schwarze Stein (die Kaaba) in Mekka; daneben sind Medina und Jerusalem Wallfahrtsorte. Die Moschee ist Stätte des Gebets und der Lehre. Aus altorientalischem Brauchtum übernahm der Islam die Beschneidung und den Frauenschleier.

Geschichte:
Mohammed nahm sein prophetisches Wirken nach einem Berufungserlebnis 609 oder 610 n. Chr. in Mekka auf. Mangelnde Bekehrungserfolge und wachsende Gegnerschaft in den führenden Kreisen Mekkas veranlassten ihn 622 zur Auswanderung nach Medina (Hidjra), von der an die islamische Zeitrechnung datiert. Noch vor seinem Tod (632) unterstellten sich ihm fast alle sesshaften Bewohner und Beduinenstämme der Arabischen Halbinsel. Die ersten Spaltungen und theologischen Diskussionen entzündeten sich an dem Streit um die Nachfolge Mohammeds. Aus der Partei (arab. schia) Alis (Ali ibn Abi Talib), dem Vetter und Schwiegersohn Mohammeds, gingen die Schiiten hervor, von denen sich 657 die Charidjiten abspalteten. Im 9. und 10. Jh. bildete sich im Wesentlichen die traditionalistische Lehre der Sunniten (heute etwa 90 % aller Muslime) heraus, die sich an dem vorbildhaften Brauch (arab. sunna) Mohammeds orientierte. Als Gegengewicht zur Vergesetzlichung des Glaubensbewusstseins entstand eine reiche islamische Mystik (Sufismus), die sich vom 9. Jh. an ausbreitete; der im 12. Jh. entstandene und im Sufismus wurzelnde Derwischorden prägte die Volksfrömmigkeit mit ihrer Heiligenverehrung stark mit.

Die Nachfolger Mohammeds, die Kalifen, unterwarfen in wenigen Jahrzehnten den Vorderen Orient von Marokko bis Transoxanien und eroberten im 8. Jh. Spanien; der kurzzeitige Griff über die Pyrenäen scheiterte 732. Nach dem Niedergang des Kalifenreichs begann im 10. Jh. die Islamisierung der Türken Zentralasiens, im 11. Jh. die muslimische Herrschaft in Indien. Das Osmanische Reich vernichtete durch die Einnahme Konstantinopels 1453 das Byzantinische Reich und trug den Islam über den Balkan weit nach Europa (1529 und 1683 bis vor Wien). Im Malaiischen Archipel wurde der Islam vorwiegend durch Händler verbreitet (12.–15. Jh.), ebenso in Schwarzafrika seit dem 9. Jh.; eine organisierte islamische Mission entstand erst im 20. Jh. in Reaktion auf die christliche Mission. Um die Wende zum 19. Jh. begann sich die islamische Welt angesichts der politischen und ökonomischen Übermacht europäischer Staaten, unter deren direkte Kolonialherrschaft sie größtenteils geriet, der moderneren westlichen Zivilisation allmählich zu öffnen. Dieser Prozess der Verwestlichung zog im späten 19. Jh. einerseits einen auf weitere Reformen drängenden Modernismus nach sich, andererseits die Ideologie des Panislamismus, der das europäische Joch durch Vereinigung aller Muslime und Rückbesinnung auf die zivilisatorischen Kräfte der islamischen Religion abzuschütteln strebte. Seit den 1960er-Jahren geriet die gesamte islamische Welt unter den Einfluss eines Fundamentalismus, dessen Ziel der Reislamisierung sich auf das staatliche und gesellschaftliche Leben in ihr bezieht, wozu eine rigorose Wendung gegen als säkularistisch und modernistisch empfundene Tendenzen in diesem Bereich gehört.

Monotheistische Religionen www.spieldergoetter.de
Infos: LexiRom Lexikon

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